Findungskampagne 9.- 12. September 2021
Tarija Hospital San Juan de Dios
Referenzkrankenhaus für das Departement Tarija
Die Stadt Tarija, im Süden Boliviens, ist 11 Autostunden entfernt von der nächsten Stadt, in der es eine Kinderkardiologische Betreuung gibt. Aus diesem Grund und bereits bestehenden Vertrauens, da wir schon 2013 und 2018 Findungskampagnen in dieser Stadt durchgeführt haben, werden wir häufig von verschiedenen Kinderärzt*innen kontaktiert und beraten sie telefonisch.
Aufgrund der Corona-Pandemie haben nur wenige Eltern es gewagt, mit ihren kranken Kindern in andere Städte zu fahren – die Möglichkeit, Kinder im nahegelegenen Argentinien untersuchen und behandeln zu lassen, fiel mit Grenzschluss ebenfalls komplett aus. Dies führte zu einer Häufung dringend behandlungsbedürftiger Patient*innen. (Darunter auch ein fünfjähriger Junge, Wildo, der aufgrund der Dringlichkeit glücklicherweise noch mitten in der dritten Covid-Welle operiert werden konnte.)
Vor einigen Monaten erhielten wir einen Hilferuf des Chefarztes der Pädiatrie, des staatlichen Krankenhauses von Tarija, Dr. Darwin Martinez. Er habe viele herzkranke Patient*innen, die dringend von pädiatrischen Kardiolog*innen mit entsprechender Ausstattung untersucht werden müssten. In Tarija gibt es keine Kinder-Herzärzt*innen und die staatlichen Krankenhäuser verfügen über keinerlei Geräte zur gründlichen Untersuchung kleiner Herzen.
Voller Begeisterung, – pandemiebedingt nach beinahe 2 Jahren ohne Kampagnen zur frühzeitigen Erkennung angeborener Herzfehler -, haben wir mit der Organisation begonnen.
Aus La Paz sind angereist:
Dr. Inge von Alvensleben und Dr. Alexandra Heath-Freudenthal, unsere Kinderkardiologinnen,
Dr. Jorge Villanueva, Kardiologe
Dr. Nielsen Molina, Assistenzarzt im Kardiozentrum,
Fanny Mendizabal, Sozialarbeiterin des Herzvereins und Assistentin im Kardiozentrum.
Sofia Freudenthal und Ben Hoffmeister, unsere Freiwilligen (beide studieren Medizin jeweils im 4. bzw. 5. Jahr).
Aus Cochabamba kam Patricia Vargas, Vorsitzende des Vereins Puente de Solidaridad* dazu,
Aus Lima reiste Susana Castellanos, Vorsitzende des Herzvereins, ein.
Somit waren wir ein neunköpfiges Team. Zwei Herzultraschallgeräte, ein EKG-Gerät, Blutdruck- und Sättigungsmessung und jede Menge Formulare wurden mitgenommen.
In einem renovierten Seitenflügel des staatlichen Krankenhauses hat uns Dr. Martinez 5 Räume zur Verfügung gestellt, die wir benötigten um unsere Arbeit effizient durchzuführen.
Über 60 Patient*innen, die im Vorfeld kinderärztlich oder erwachsenen- kardiologisch untersucht worden waren, nutzten das Angebot unserer, für sie kostenlosen Kampagne.
Im ersten Raum wurden die Patient*innen registriert, gewogen und gemessen, Sauerstoffsättigung und Vorgeschichte wurden notiert. Von dort kamen sie in den 2. Raum, zu Dr. Villanueva, Sofia und Ben, wo nach der körperlichen Untersuchung ein Elektrokardiogramm gemacht wurde. Hiernach kamen sie in einen der beiden, simultan funktionierenden, Räume, in denen die Kinderkardiologinnen jeweils mit Assistenz von Frau Mendizabal und Dr. Molina eine Echokardiografie machten und anhand aller Untersuchungsergebnisse entschieden, ob eine Operation oder Herzkatheterbehandlung durchgeführt werden muss oder zunächst nur weitere Kontrollen empfohlen werden. Der letzte Schritt führte sie zur Aufnahme in den Herzverein, wo Frau Castellanos ein Gespräch mit den Eltern führte um noch einmal den Verlauf der geplanten Behandlung zu erklären, sowie Informationen zu den Krankenhäusern in Cochabamba, La Paz oder Santa Cruz, je nach Herkunft und spezifischer Behandlung, gab. Frau Vargas von Puente de Solidaridad hat sich an all den Gesprächen beteiligt um ebenfalls die Kinder kennenzulernen, deren Behandlung von beiden Vereinen finanziert werden wird.
Insgesamt haben wir in drei Tagen 68 junge Patient*innen untersucht. Davon sind 47 herzkrank in unterschiedlichen Schweregraden. Leider sind fünf Kinder vermutlich nicht oder nicht mehr operabel, eine für alle sehr schmerzhafte Erfahrung. Wir werden sie den Kinderherzchirurg*innen, mit denen wir zusammenarbeiten, vorstellen und je nach Situation weitere Untersuchungen wie Angiotomografie oder Herzkatheteruntersuchung veranlassen, um gemeinsam zu erwägen, ob eine Operation möglich ist. Von den 20 Patientinnen und Patienten, die in den Herzverein aufgenommen wurden sollen 13 am offenen Herzen operiert werden und vier eine Behandlung im Herzkatheterlabor erhalten.
Jorge, Nicolás, Emily, José Alberto, Eydan, Angel, Ihan, Isabel, Caroline, Christofer, Jhon, Genesis, Aldrin, Benjamin, Yang, Millet und Danna können und müssen bald möglichst behandelt werden.
Die Familien all dieser jungen Patient*innen leben in sehr armen Verhältnissen und haben keine Ersparnisse, um eine teure Herzoperation zu zahlen. Sie alle sind abhängig von den Spenden des Herzvereins / Österreichische Herzkinderhilfe für Bolivien und von Puente de Solidaridad. Einige Familien haben bereits begonnen, in ihren Wohnbezirken solidarische Kampagnen zu organisieren.
Als Vorsitzende des Herzvereins möchte ich von Herzen danken: den Kinderkardiologinnen Dr. Alexandra Heath-Freudenthal und Dr. Inge von Alvensleben, die alle Kinder wie immer mit ihrem großen Wissen und unermüdlichem Einsatz untersucht haben, Dr. Villanueva, der uns seit 15 Jahren auf den meisten Findungskampagnen begleitet, Dr. Molina, Frau Fanny Mendizabel, die bereits im Vorfeld alle organisatorischen Dinge koordiniert hat und wie immer mit dem Herzen bei der Arbeit war, und den beiden angehenden Ärzt*innen, Sofia und Ben. Diese beiden jungen Menschen sind ein Beispiel an großer Empathie und dem Wunsch, ihren Patient*innen zu helfen.
*Mit dem Verein Puente de Solidaridad haben wir ein Abkommen unterzeichnet, das auf gegenseitige Unterstützung und Ko-Finanzierung für die Operationen herzkranker Kinder und jugendlicher basiert. Die Vorsitzende, Frau Patricia Vargas hat uns in allen Stationen der Kampagne mit ihren Erfahrungen unterstützt. Es war eine wahre Freude diese Kampagne mit ihr zu erleben.
Diese Kampagne wurde finanziert von Puente de Solidaridad, Bolivienhilfe e.V. und dem Herzverein e.V.. Herzlichen Dank an alle Spenderinnen und Spender, die dies möglich gemacht haben!
Vor allem danke ich unserem Salzburger Schwesterverein, der mit mehreren Aktivitäten Spenden gesammelt hat, die es uns ermöglichen, den Familien unserer jungen Patient*innen die dringend gebrauchte, finanzielle Unterstützung anzubieten.