Behandlungsmöglichkeiten

Zeitpunkt und Art der Behandlung hängen vom jeweiligen Herzfehler und seiner Auswirkung auf den Kreislauf und Zustand des Kindes ab. Oft sind auch Kombinationen sinnvoll.

Ein Großteil angeborener Herzfehler lässt sich glücklicherweise mit einem Eingriff, sei es im Herzkatheterlabor oder im Operationssaal, reparieren, zum Beispiel Ductus, VSD, ASD. Andere brauchen lebenslange Nachkontrollen und eventuell Folgeeingriffe, aufgrund von sich entwickelnden Stenosen, Klappenundichtigkeiten oder Rhythmusstörungen, zum Beispiel Fallotsche Tetralogie. Andere wiederum können nicht repariert, sondern nur palliiert werden, das heißt man versucht – oft im mehreren Schritten -, die Herzfunktion durch Schaffung eines Ersatzkreislaufs aufrecht zu erhalten, zum Beispiel Trikuspidalatresie.

Folgende Möglichkeiten stehen in Bolivien zur Verfügung:

Operation

Viele schwere Herzfehler lassen sich wirksam mit einer Operation am offenen Herzen korrigieren.

Hierbei wird das gesamte Blut mittels Schläuchen in die Herzlungenmaschine umgeleitet, die die Funktion von Herz und Lunge während des Eingriffs übernimmt. Anschließend wird das Herz mit einer Flüssigkeit zum Stillstand gebracht, damit es geöffnet und der Herzfehler repariert werden kann. Löcher werden mit einem Flicken aus eigenem Material oder Goretex verschlossen, kranke Klappen wenn möglich rekonstruiert, sonst durch eine künstliche Klappe ersetzt, fehlgeleitete Gefäße umgeleitet oder neu positioniert. Die Herzlungenmaschine stellt einen großen Entzündungsreiz dar, Eröffnung von Knochen und Herz erfordern eine sehr tiefe Narkose und oft Kühlung des Körpers; häufige Komplikationen sind Blutungen, Rhythmusstörungen und Infektionen. Die Kinder werden anschließend meist noch intubiert auf die Intensivstation gebracht, wo schrittweise Tubus und Schläuche entfernt werden und das Kind rund um die Uhr ärztlich und pflegerisch betreut wird.

Manche Operationen können bei schlagendem Herzen durchgeführt werden, hierbei wird das Herz selbst nicht berührt, der Zugang erfolgt über einen Schnitt zwischen den seitlichen Rippen. Beispiele sind Aortenisthmusstenose oder Ductus.

Wann eine Operation durchgeführt wird, hängt von dem jeweiligen Defekt, den Symptomen und dem Schweregrad ab. Soweit möglich, ist es häufig besser eine Operation zu verschieben, bis das Kind etwas älter ist. Schwere Herzfehler bei Neugeborenen wie kritische Stenosen oder Transposition der großen Gefäße müssen jedoch in den ersten Lebenstagen oder -wochen beseitigt oder zumindest verbessert werden.

Herzkatheterisierungsverfahren

Ein Herzkatheter ist ein elegantes Verfahren, um viele Herzfehler zu beheben: Hierbei werden die natürlichen Zugangswege zum Herzen, Venen und Arterien, genutzt, um ein Implantat zum Verschluss oder einen Ballon zur Weitung einer Struktur an den gewünschten Ort zu bringen. Zugangsort sind meist die Blutgefäße in der Leiste. Zum Verschluss eines Ductus zum Beispiel wird das Implantat zusammengepresst im Katheterschlauch vorgeschoben und unter Röntgenkontrolle innerhalb des Ductus freigesetzt. Auf ähnliche Weise können auch Vorhofseptumdefekte und in einigen Fällen Ventrikelseptumdefekte verschlossen werden. Zu enge Klappen oder Gefäße können mittels am Ort der Engstelle mit unter Druck gefüllten Ballons aufgedehnt werden. Das Herz schlägt dabei weiter, die Narkose ist nur oberflächlich, die Patienten werden anschließend auf Normalstation im Beisein der Eltern beobachtet und in der Regel am nächsten Tag entlassen.

Auch einige Herzrhythmusstörungen können in einem dafür spezialisierten Herzkatheterlabor behandelt werden: durch elektrische Provokation werden die Orte, von denen die Rhythmusstörungen ausgehen, identifiziert und dann mit Strom oder Kälte abladiert bzw. elektrisch isoliert. Bei Jugendlichen und Erwachsenen werden auch Schrittmacher über die Venen implantiert.

Arzneimittel

Zahlreiche Medikamente können das Herz unterstützen, den Energieverbrauch des Herzens und die Auswirkungen des Herzfehlers auf den Kreislauf senken; dies dient der Behandlung oder Vorbeugung einer Herzinsuffizienz, ermöglicht dem Kind, ruhiger zu atmen und zuzunehmen. Die Medikamente ersetzen natürlich nicht die Behandlung eines strukturellen Herzfehlers, aber es wird Zeit gewonnen, zum einen damit das Kind größer und in besserem körperlichen Zustand in die Operation geht, zum anderen (zumindest unter Bedingungen wie in Bolivien) damit das notwenige Geld beschafft werden kann. Wir verwenden vor allem Betablocker zur Reduktion der Herzfrequenz, Senkung des Sauerstoffverbrauchs des Herzens und Vorbeugung oder Behandlung von Rhythmusstörungen; Blutdrucksenker, um die nötige Herzarbeit sowie die Überflutung der Lunge zu verringern; Entwässerungsmittel in akuter Herzinsuffizienz und um einer Fibrosierung des Herzens vorzubeugen. Nach erfolgreicher Behandlung mittels Herzkatheter oder Operation können die Medikamente in der Regel entsprechend der Erholung des Herzens langsam abgesetzt werden.

Höhenbedingter Lungenhochdruck, der vor allem bei Früh- und Neugeborenen hier häufig ist, wird mit Sauerstoff sowie einem Medikament zur Senkung des Lungendrucks behandelt. Damit verringert sich die Zeit, die das Kind zusätzlichen Sauerstoff braucht, und der hierfür oft nötige Krankenhausaufenthalt. Die allermeisten Kinder brauchen das Medikament nur für wenige Wochen, manchen Eltern müssen wir auch einen Umzug ins Tiefland empfehlen.

  • Extrakorporale Membranoxygenation (ECMO), ventrikuläre Herzunterstützungssysteme (VAD) und Herztransplantationen sind auf absehbare Zeit in Bolivien nicht möglich.